Rückblick Fachtag „Jugendsozialarbeit in NRW diskriminierungssensibel gestalten“

Am 27. November 2024 wurde die Rotunde in Bochum zum Treffpunkt für Fachkräfte der Jugendsozialarbeit in NRW, die sich einem zentralen Thema widmeten: Diskriminierungssensibilität in der Jugendsozialarbeit. Die Fachreferentinnen für Partizipation und Gewaltprävention der Landesarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit NRW (LAG JSA NRW) luden dazu ein, gemeinsam Perspektiven für eine diskriminierungssensible/-kritische Praxis zu entwickeln. Mit Teilnehmenden aus Jugendwerkstätten, Jugendmigrationsdiensten, Jugendberufshilfe und aufsuchender Jugendsozialarbeit war die Veranstaltung vielfältig und praxisnah besucht. Moderiert wurde der Tag von Jelena Iyassu vom Bildungswerk Aachen, die mit ihrer Expertise und Dynamik mitreißend durch das Programm führte.

Zielsetzung des Fachtags

Der Fachtag verfolgte das Ziel, ein Verständnis von Diskriminierung als Gewaltform zu vermitteln, die Teilnehmenden für verschiedene Formen von Diskriminierung (Adultismus, Ableismus, Cis-Sexismus, Klassismus, Rassismus) und deren Wirkungsweisen zu sensibilisieren und Wissen für einen diskriminierungssensiblen Umgang im beruflichen Alltag bereitzustellen. Durch die insgesamt interaktive Ausgestaltung und viel Zeit für informelle Gespräche bot der Fachtag darüber hinaus Raum für Austausch und gegenseitige Inspiration.

Programm und Inhalte

Der interaktive Vortrag „Adultismus vs. Kritisches Erwachsenensein“ von ManuEla Ritz bildete den Auftakt der Veranstaltung und regte unmittelbar zu Nachdenken und Reflexion an. ManuEla Ritz beleuchtete die Mechanismen von Diskriminierung sowie die oft übersehene Dimension von Adultismus im spezifischen eingehend. Anhand dessen erläuterte sie, welche Rückschlüsse für ein kritisches Erwachsenensein gezogen werden müssen. Adultismus beschreibt die Machtungleichheit zwischen Erwachsenen und Kindern bzw. Jugendlichen, die sich oft in Bevormundung, Kontrolle und Ausschluss äußert. Die Teilnehmenden wurden zum einen dazu angeregt, die eigene Machtpositionen als Fachkraft in der Jugendsozialarbeit zu reflektieren. Zum anderen bot der Vortrag die Option mögliche adultistische Verhaltensweisen, den eigenen Umgang mit den jungen Menschen und Regeln machtkritisch zu hinterfragen. Weiterführend wurde auf das Buch von ManuEla Ritz und Simbi Schwarz, „Adultismus und kritisches Erwachsensein“ hingewiesen, das praxisnah Anregungen in Form eines Workshop-Buches für eine diskriminierungssensible/-kritische Haltung bietet, gepaart mit theoretischen Einordnungen zu den Themen Adultismus und kritisches Erwachsenensein.

Am Nachmittag stand der Austausch in kleineren Gruppen im Fokus. In vier parallel laufenden Workshops konnten die Teilnehmenden spezifische Diskriminierungsformen und deren Bedeutung für die Jugendsozialarbeit ergründen:

  • Kat Freyer widmete sich dem Thema „Selbstbestimmung, Sichtbarkeit und Schutz junger LSBTIQ* Menschen“. Ein Ergebnis war die Entwicklung von Leitfragen für eine transinklusive Arbeitsweise, Strukturen und Räume.
  • Philipp Schäfer brachte das oft übersehene Thema „Klassismus – die vergessene Diskriminierungsform“ in den Fokus.
  • Jinan Dib stellte in ihrem Workshop „Rassismus – Was hat das mit mir zu tun?“ Die Frage nach der Wirkungsweise von Rassismus, den eigenen Privilegien und regte zur Selbstreflexion an.
  • Maya Goltermann vom Mädchenhaus Bielefeld e.V. zeigte mit „Mehr als eine Rampe – Ableismus erkennen und abbauen“, wie Barrieren in der Jugendsozialarbeit überwunden werden können und was unter Ableismus zu verstehen ist.

Reflexion und Stimmen von Teilnehmenden

Den Abschluss des Tages bildete eine gemeinsame Zusammenführung der Erkenntnisse, die in einer Reflexionsrunde vorgestellt wurden. Besonders prägnant war der Impuls, die eigene Position und die damit verbundenen Machtverhältnisse bewusster zu reflektieren und in der beruflichen Praxis zu beachten. Auch die Teilnehmenden waren sich einig, dass Schutzkonzepte in der Jugendsozialarbeit intersektional ausgerichtet sein müssen, um möglichst vielen Menschen Schutz und Beteiligung zu ermöglichen. Ein weiterer zentraler Gedanke, der immer wieder betont wurde, war die Notwendigkeit, bestehende Strukturen kritisch zu hinterfragen, um Diskriminierung zu begegnen und nachhaltig abzubauen

Dabei wurde insgesamt betont, dass Diskriminierung eine Form von Gewalt darstellt und dass Gewaltprävention und Gewaltschutz immer auch Diskriminierungsschutz beinhalten müssen. Der Fachtag unterstrich, wie wichtig die Aufnahme von Diskriminierung als Gewaltform und damit die verschiedenen Formen und Ebenen von Diskriminierung für Rechte- und Schutzkonzepte sind, um junge Menschen nachhaltig zu stärken und zu schützen.

Ausblick

Mit dieser gelungenen Veranstaltung wurde ein wichtiger Grundstein für weitere Auseinandersetzungen gelegt. Im Jahr 2025 wird mit weiteren Veranstaltungen an den Fachtag angeknüpft. Der Fokus wird dann auf einer vertieften Auseinandersetzung mit Klassismus in der Jugendsozialarbeit liegen, um das Thema noch differenzierter in die Praxis zu bringen.

Ein herzliches Dankeschön gilt allen Fachkräften, die sich mit Offenheit und Engagement eingebracht haben, den Referent*innen für ihre fachliche Expertise, der Moderatorin Jelena Iyassu für ihre souveräne Begleitung durch den Tag, den Mitarbeitenden der Rotunde Bochum für die hervorragende Unterstützung und Bereitstellung der Räumlichkeiten und dem Catering von Nährstoffreich für die genussvolle Verpflegung. Gemeinsam wurde ein Tag gestaltet, der inspirierte und wichtige Impulse für die Jugendsozialarbeit in NRW setzte.